Dienstag, 12. Oktober 2010

Seehofer und sein Integrationsproblem

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Mit seinen Weisheiten lag Horst Seehofer ja schon öfter daneben, nun versucht sich der bayerische Ministerpräsident offenbar auch noch als Fachmann für Migration. An dieser Stelle wäre kurz zu erwähnen, dass der Bayer als solcher schon außerhalb seiner Bundeslandes-Grenzen eine Integrations-Schwierigkeit hat... insofern spricht Seehofer höchst wahrscheinlich aus eigener Erfahrung: der gescheiterte Versuch eines Bayern im preußischen Berlin - immerhin zwei höchst unterschiedliche Kulturkreise!

So betrachtet ist es nicht verwunderlich, dass sich Einwanderer aus der islamischen Kultur in einen jüdisch-christlich geprägten Kulturkreis eventuell schwerer integrieren lassen, als Menschen aus dem selben Kulturkreis, um es mit Sarrazin zu sagen. Doch ist auch hier Vorsicht geboten, denn ein Integrationsproblem entsteht nicht zwangsläufig aus einer anderen Kultur, sondern vor allem - und auch hier in Anlehnung an Sarrazin - bei Menschen aus bildungsfernen Schichten. Wer einmal beobachten durfte, wie Deutsche aus den sogenannten "bildungsfernen" Schichten sich im Ausland verhalten, der wird sicher verstehen, wovon ich spreche.

Türken oder Araber, die schon in ihrer Heimat zum Bildungsbürgertum gehörten, integrieren sich auch leicht überall da, wo sie sich entschieden haben, leben zu wollen. Integrationsverweigerer sind meist Menschen, die schon mit der Kultur ihres Herkunftslandes ein Problem hatten und sich dann an dieser vermeintlichen Kultur orientieren, wenn sie in einem anderen Land leben. Denken wir dabei nur an deutsche Einwanderer in den USA beispielsweise, die noch heute das Oktoberfest für deutsche Kultur halten und türkische Einwanderer in Deutschland frustriert es, wenn sie feststellen, dass ihre ehemaligen Nachbarn im türkischen Dorf nicht mehr damit zu beeindrucken sind, dass man es in Deutschland mit Putzen oder harter Fabrikarbeit zu einem bescheidenen Wohlstand gebracht hat. Die ehemaligen Nachbarn aus dem Dorf wohnen schon längst in der Stadt, haben ihr Dorfhaus zu einem komfortablen Wochenendhaus umgebaut und ihre Kinder auf die Universität geschickt. Aber auch das ist nur eine von vielen möglichen Schablonen.

Wenn Herr Seehofer nun zurück rudert und behauptet, er habe seine Aussage nur auf den Fachkräftemangel bezogen und wolle zuerst einmal dabei auf eigenes Potenzial zurückgreifen, so ist er entweder nicht gut informiert oder ihm ist gerade keine bessere Ausrede eingefallen. Dumm nur, dass die Fakten eindeutig dagegen sprechen und man somit auf Seehofers Plumpheit nicht weiter eingehen muss: In deutschen Unternehmen fehlen aktuell 50-70 000 Fachkräfte. Diese Lücke ist bei einem Geburtenrückgang von 30-50 Prozent schlichtweg nicht zu füllen, auch nicht mit Fachkräften aus den osteuropäischen Ländern, da diese einen ebenso starken demografischen Rückgang zu verkraften haben.

Auch scheint es an Herrn Seehofer und Frau Merkel "nachvollziehbar" und lautlos vorbeigegangen zu sein, dass gerade gut ausgebildete Fachkräfte und Akadamiker eher aus Deutschland ab- und nicht einwandern. Eine Antwort darauf kann Herr Seehofer ja schon einmal vorbereiten, bevor er wieder etwas sagt, das später korrigiert werden muss und er ganz und gar den bajuwarischen Eulenspiegel gibt.

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