Sonntag, 22. Mai 2011

Hockkarätiges in Belek

Antalya-Alanya (Weltexpress) - Hitit-Holding setzt einen neuen Standard des Lebensgefühls mit ihrem “Caratpark”. Ein Villenpark der Luxus-Sonderklasse für Menschen, die etwas vom Leben und Investment verstehen.



http://www.weltexpress.info/cms/index.php?id=6&tx_ttnews[tt_news]=29968&tx_ttnews[backPid]=385&cHash=71628ad607f80042ef3171dcdcfbe2c5

Montag, 16. Mai 2011

Türkei bekommt Hethitische Sphinx zurück

Antalya-Alanya (Weltexpress) - Ein deutsch-türkisches Expertengremium verständigte sich nach langen Diskussionen am Freitag darauf, dass Deutschland die Sphinx von Hattuscha an die Türkei zurückgeben wird.http://www.weltexpress.info/cms/index.php?id=6&tx_ttnews[tt_news]=29888&tx_ttnews[backPid]=385&cHash=d6b2a088c8d6e81cb3c985ccabff1a3d

Mittwoch, 27. April 2011

Was läuft hier falsch?

Antalya-Alanya (Weltexpress) - Die Integrationsdebatte hat sich inzwischen zur Islam-Debatte entwickelt. Interessant wird es immer dann, wenn plötzlich jeder Spezialist für Religionsfragen, insbesondere für den Islam, wird wobei dann auch schon mal „muslimisch“ und „islamistisch“ in einen Topf geworfen wird.

http://www.weltexpress.info/cms/index.php?id=6&tx_ttnews[tt_news]=29709&tx_ttnews[backPid]=385&cHash=8262bea63dd8bc8681e9f256bda3328c

Mittwoch, 20. April 2011

Großes Potenzial liegt brach

Antalya-Alanya (Weltexpress) - Die Türkei verfügt wie kein anderes Land in Europa über ein enormes Potenzial an der Zukunftsenergie Solarstrom, der noch viel zu wenig genutzt wird. Das erste Einspeisegesetz des Landes für erneuerbare Energie wurde bereits im Januar verabschiedet.



http://www.weltexpress.info/cms/index.php?id=6&tx_ttnews[tt_news]=29618&tx_ttnews[backPid]=385&cHash=d562d67801b9f8ab63c4e877f03159bf

Samstag, 2. April 2011

“Wird schon gut gehen!“ - Atomkraft in der Türkei

Gesetze, Regeln, Geschwindigkeits-Beschränkungen und rote Ampeln sind dazu da, übertreten zu werden, sagt so mancher Autofahrer in der Türkei. „Gott beschütze uns“ (Allah Korusun) stand auch auf dem überladenen Lastwagen, der gestern Abend auf einer südtürkischen verkehrsreichen Umgehungsstraße über die rote Ampel einer große Kreuzung donnerte. Ich schaute ihm fassungslos nach, denn im Falle eines Falles hätten weder er noch irgendetwas, das ihm im Weg gewesen wäre, irgendeine Chance gehabt. Im Zweifelsfall werden die Folgen dem Schicksal überlassen…

Und wie sieht das aus mit der Atomkraft in der Türkei? Bis jetzt gibt es noch keine Atomkraftwerke, aber wenn es nach dem türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan geht, dann wird bald eines in Akkuyu, nahe der Stadt Mersin, an der türkischen Mittelmeerküste stehen. Verhandelt wird mit einer russischen Firma und dieser Meiler soll einer der mordernsten der Welt werden, heißt es. Kein Problem scheint man auch darin zu sehen, dass etwa 30 Kilometer entfernt vom geplanten Standort des neuen Super-Kraftwerks eine aktive tektonische Verwerfungslinie liegt  und 120 Kilometer östlich von Akkuyu vor 13 Jahren bei einem Erdbeben an die tausend Menschen getötet wurden. Und als wäre das noch nicht genug, wird mit dem japanischen Fukushima-Betreiber Tepco über ein Kraftwerk in Sinop an der Schwarzmeer-Küste verhandelt und ein drittes ist auf dem europäischen Kontinent, in der Provinz Tekirdag, geplant.


Wenn die Regierung Erdogan sagt, dass der Energiebedarf des Landes mit der rasant wachsenden Bevölkerungszahl sowie der ebenso rasant wachsenden Wirtschaftskraft im selben Tempo steigt, ist das richtig. Doch wären die 16 Milliarden Euro, die für das Atomkraftwerk am Mittelmeer ausgegeben werden sollen, eventuell besser in die Erschließung erneuerbarer Energien investiert. Beispiel Geothermie: Die Türkei verfügt über 170 geothermische Wärmegebiete und rund 1 000 Thermalquellen, die zur Zeit bekannt sind. Damit ist sie im Besitz des weltweit siebtgrößten Potenzials an geothermischer Energie und belegt damit den 1. Rang in Europa. Bisher wurden in den 13 bisher bekannten geothermischen Hochenthalpie-Lagerstätten partiell bereits in 800 Metern Tiefe Temperaturen von 200 Grad C. erreicht. Damit bietet sich dem Land die allerbeste Möglichkeit einer geothermischen Stromproduktion.

Ein dementsprechendes Gesetz, dieses geothermische Potenzial auszuschöpfen, wurde bereits durch das Parlament verabschiedet, das seit Juli 2007 auch der Privatwirtschaft diesen Markt erschließt. Laut Berechnungen könnte die Türkei alleine durch die volle Auslastung ihrer geothermischen Energie 15 Prozent ihres Energiebedarfs decken. Im März 2011 entschied das türkische Energieministerium, 29 Geothermie-Lizenzen zu versteigern. Mit den bisher vergebenen 34 Lizenzen würden dann Geothermiekraftwerke in der Türkei mit 95 Megawatt Leistung arbeiten. Hier erhofft sich der Staat Investitionen in Höhe von etwa 1 Milliarde USD und ebenso die Schaffung von 10 000 Arbeitsplätzen. Eine Einspeisevergütung für Geothermie-Strom hat die Regierung bereits Anfang des Jahres beschlossen. Sie liegt bei 0,105 USD pro Kilowattstunde. Einspeisevergütungen für andere Erneuerbare Energien wurden ebenso eingeführt, deren Nutzung aber noch auf sich warten lässt. Sonnenenergie und die Stromerzeugung durch Windkraftanlagen spielen noch keine große Rolle.

Christine Keiner

(Erstveröffentlichung http://www.weltexpress.info/ am 1. April 2011)

Mittwoch, 30. März 2011

Die German Angst

Man mag sie als hysterisch bezeichnen, die German Angst! Und richtig!  Politiker, hyperventilierende Weltverbesserer und die „Wir-haben-es-schon-immer-gewusst“-Gruppierungen, haben nun leichtes Spiel, Propaganda-Kapital aus Fukushima zu schlagen. Dennoch, die Angst ist berechtigt und auch angebracht!

Apokalyptische Untergangs-Szenarien zu konstruieren ist natürlich albern, gab es jedoch schon immer und dass die Esoteriker sich jetzt wieder laut zu Wort melden und davon fabulieren, „Mutter Erde“ wehre sich gegen den Menschen, ist auch klar. Wer sich davon anstecken lässt, ist selber schuld. Aber Angst zu haben und sie zu spüren, ist eines der Grundgefühle des Menschen und sie ist, evolutionsgeschichtlich betrachtet, ein sinnvoller und hilfreicher Affekt, der uns vor Gefahren warnt! Stimmt doch, oder?  Wieso also sollten wir keine Angst haben und sie dann auch artikulieren, angesichts einer realen Bedrohung, wie sie uns in den vergangenen 2-3 Wochen vor Augen geführt wird? Was ist falsch daran?
In der Sache selbst, was im Atomkraftwerk Fukushima zur Zeit genau passiert, wird möglicherweise gelogen, dass sich die Balken biegen und zumindest wir können uns kein eindeutiges Bild davon machen, welche Folgen diese Katastrophe in der Zukunft auf das Leben der Menschen in Japan haben wird. Vielleicht wird auch nicht gelogen, sondern auch Fachleute könnten überfordert sein und das wirkliche Ausmaß  selbst nicht kennen. Aber hier geht ja gar nicht nur um Fukushima!

Stellen wir uns doch nur einmal vor, anderenorts irgendwo auf der Welt passiere das gleiche, und kurz darauf noch einmal und etwas später noch einmal - womit ja nun leicht zu rechnen ist. Stellen wir uns nur weiter vor, der radioaktive Atommüll in Deutschland, der nun in keinem sogenannten „Endlager“ lagert, wie uns immer weisgemacht wurde, hat schon längst unser Grundwasser verseucht. Nur zur Erinnerung: In ASSE II läuft seit nahezu 20 Jahren Wasser ein und nähert sich dem Atommüll bedrohlich. Man hat damit begonnen, die Fässer wieder aus dem Salz heraus zu graben, um sie dann an anderer Stelle zu lagern. Endlager?

Auch durch Fukushima werden wir jetzt nicht sterben wie die Fliegen nachdem wir sie mit Mückengift besprüht haben. Das sicher nicht! Eventuell werden sich die Krebs-Erkrankungsraten langsam erhöhen, Kinder werden immer häufiger von Leukämie oder anderen Krankheiten heimgesucht und das vermutlich in der nächsten oder übernächsten Generation, und niemand wird dann noch von Fukushima oder Tschernobyl oder ASSE II sprechen, sondern die Krankheitsraten werden in einer nüchternen Statistik als Zahlen auftauchen, das Gesundheits-System wird kollabieren und man wird sich schon eine Erklärung zusammen basteln, um keine Zusammenhänge herstellen zu müssen. Es sind dann wieder die Einzelschicksale, um die wir uns keine Sorgen machen müssen, jeder hat schließlich sein Päckchen zu tragen. Strahlen sieht man, schmeckt man und fühlt man nicht! Sie sind hinterhältig und vor allem langzeitwirkend.

Als mein Vater vor fast 30 Jahren an einer seltenen Art von Leukämie erkrankte, an der zuvor sein engster Freund und Kriegskamerad elendig dahinvegetiert war, stand er plötzlich morgens in unserer WG-Küche, was für mich irritierend genug war. Er wollte mit mir über seine Krankheit sprechen und mit niemandem sonst. Weltanschaulich und politisch waren wir nie einer Meinung und er als katholisch-konservativer Lokalpolitiker warf mir oft genug vor, fortschrittshemmend und wachstumsfeindlich zu denken. An diesem Morgen aber kam er, um mit mir über eben diese Ängste zu sprechen, die wir damals schon vor dieser unbeherrschbaren Atomenergie und ihren Strahlungen formulierten. Warum? Weil ich ihn nach dem Tod seines Freundes und seiner eigenen Diagnose darauf aufmerksam machte, ob es nicht daran liegen könnte, dass sie als Funker im Zweiten Weltkrieg auf den Funkkästen schliefen, um sich vor der Kälte zu schützen? Dass ich vermutete, sie hatten eine unverträgliche Portion Strahlen abbekommen, die ihnen langsam aber sicher die roten Blutkörperchen wegfraßen. So wird es wohl gewesen sein! Leider konnte er, und vielleicht wollte er auch nicht, keine anderen Kriegskameraden mehr ausmachen, sonst hätten wir sogar so etwas wie eine kleine Statistik führen können. Aber was hätten wir auch tun können – die Wehrmacht verklagen? Denken wir doch nur daran, wie sorglos man in den Jahren der Entdeckung der Röntgenstrahlen war. Die Menschen machten sich einen Spaß daraus, sich auf Partys zu röntgen…

Es ist doch das Wissen um die Gefahr, das Angst verbreitet. Wüssten wir noch immer nichts von der Radioaktivität der Röntgenstrahlen, würden wir uns noch immer zum Spaß röntgen und mit unserem Skelett Freunde auf Partys erschrecken! Dass wir dann unter Umständen 20 Jahre später an irgendeiner seltenen Krebskrankheit sterben, wird dann bedauert. Aber an irgendwas müssen wir ja schließlich sterben, nicht wahr? Wäre mein Vater nicht an dieser Leukämie gestorben, hätte er vielleicht noch 20 Jahre gelebt und wäre dann eben an einem Herzinfarkt gestorben. Sterben müssen wir alle! So gesehen brauchen wir uns weiter keine Sorgen zu machen und dann wäre die German Angst in der Tat völlig übertrieben!

Christine Keiner


(Erstveröffentlichung http://www.weltexpress.info/)

Sonntag, 13. März 2011

Ich weine um mein Kind

Zugegeben, ich hätte auch einen weniger dramatischen Titel wählen können. Aber ich weine, jawohl, und mit mir sicherlich Millionen von anderen Müttern, ob in Ländern, in denen Hungersnot, Krieg und Elend herrscht oder in den sogenannten entwickelten Ländern, die sich durch ihren Wohlstands- und Überlegenheitswahn der Gefahr aussetzen, sich durch Atomkraft selbst zu vernichten.

Gestatten Sie mir einen Rückblick in die 1980-er Jahre in Frankfurt am Main. Als völlig unbeschriebenes Blatt und ehemalige Klosterschülerin kam ich in diese Stadt. Nach einem Praktikum bei einer katholischen Wochenzeitung und einem Ausflug in die Werbung geriet ich in die damalige Musik-/Hippie-/Polit-Szene. So kann man das heute sagen, denn damals waren das keine getrennten Gebiete, sondern in der Nachbetrachtung war das Eine ohne das Andere nicht denkbar. Wenn MAMA-Concerts zu Rock-Konzerten rief, Horst Lippmann und Fritz Rau zu Jazz – dann war das auch immer irgendwie politisch. Für die 68-er Aufstände war ich noch zu jung, aber das was danach kam, habe ich näher als mir lieb sein konnte, miterlebt. Als die Frankfurter Grünen ernst machten und ihre ersten Erfolge verbuchten, war das nicht nur ein Erfolg auf politischer Ebene, sondern es war vorerst auch ein Etappen-Sieg der „Szene“. Wieso ich das erzähle? Es beschreibt in aller Kürze und mit vielen Lücken die Atmosphäre, in der wir versuchten, erwachsen zu werden und es beschreibt auch, dass wir uns zwar amüsierten, aber immer auch den Zustand der Gesellschaft im Auge hatten  und somit die Politik einen erheblichen Teil unseres jungen Lebens ausmachte.

Als wir etwa Mitte Zwanzig bis 30 waren, in WGs wohnten und uns somit frei gewählte familiäre Verhältnisse auf Zeit schufen, warf uns so mancher „Bürgerliche“ vor, wir seien A-sozial und drückten uns vor der Verantwortung, weil wir keinerlei Ambitionen zeigten , Familien zu gründen und Kinder in die Welt zu setzen. Es war müßig zu erklären, dass wir nicht die Spaßgesellschaft gründen wollten, sondern dass wir schlichtweg Angst hatten. Nicht Angst vor der Verantwortung, sondern davor, dass man uns ja gar nicht wirklich in die Verantwortung nehmen würde. Wieso? Weil uns da schon längst klar geworden war, dass die Rebellion, die Verweigerung, die mühselige Aufklärungsarbeit eigentlich nicht mehr war, als eine Beschäftigungstherapie. Auch wenn Joschka Fischer dann mit Turnschuhen in den Hessischen Landtag einmarschierte, waren die Karten ja schon längst woanders gemischt und gelegt. Und um jetzt nicht völlig abzuschweifen, die Atompolitik weltweit, aber auch die Deutschlands war für mich persönlich ein äußerst empfindlicher Punkt und ich hatte immer genau davor Angst, was seinerzeit in Tschernobyl und in diesen Tagen in Japan bittere Realität wurde. Eine Realität, vor der sich heute viele Menschen verwundert die Augen reiben, weil sie diese für „unvorstellbar“ hielten. Unvorstellbar? Wieso konnten wir uns das immer vorstellen?  Und wenn Sie mich fragen, ist das nur der Anfang! Man braucht auch keine blühende Phantasie oder eine besondere Intelligenz um sich vorstellen zu können, was uns noch erwartet.  Und da sollen wir nicht um unsere Kinder, um alle Kinder dieser Welt, weinen?

Inzwischen bin ich Mutter und das schon seit fast 18 Jahren. Fragen Sie nicht, warum ich mich dann doch dazu entschlossen habe. Dazu müsste ich wieder eine Geschichte erzählen, die Sie mit Sicherheit jetzt nicht lesen wollen. Ich konnte mein Kind vor vielem beschützen, es auf die Zukunft vorbereiten. Wenn unsere Kinder aber heute fragen, ob sie denn überhaupt noch eine Zukunft haben? Haben wir darauf eine geeignete Antwort? Oh, ich kenne die Argumente, die da lauten: es könnte uns auch heute noch ein Stein auf den Kopf fallen! Aber ich muss ja nicht den Sonntagsspaziergang in einer Steinschlag-Gegend absolvieren, und wenn doch, dann wenigstens mit Helm!

Vor einer nuklearen Katastrophe aber, durch die die Atmosphäre, einfacher gesagt – die Luft, die wir einatmen - kontaminiert wird, kann ich mich nicht schützen - weder mit Helm noch mit Gasmaske. Da dürfen wir uns fühlen wie die Kakerlaken, die durch den Kammerjäger ausgeräuchert werden. Und vielleicht kann sich ja der eine oder andere Leser vorstellen, wie ohnmächtig man ist, wenn man schon lange vorher solche Szenarien vor seinem geistigen Auge gesehen hat, die damals schon und noch vor Kurzem belächelt wurden! Ich konnte und werde es nie begreifen, dass es tatsächlich Menschen gibt, die noch immer nicht verstanden haben, welch eine unkalkulierbare Gefahr von einem AKW ausgeht. Und wie viele solcher Kraftwerke haben wir weltweit? Fortschrittsglauben in allen Ehren, aber so naiv und dumm oder ignorant kann doch eigentlich niemand sein, dass er sich nicht mit den Risiken auseinandersetzen will und in Deutschland Laufzeitverlängerungen in der Mehrheit noch immer gut heißt, obwohl wir an einem Zeitpunkt angekommen sind, an dem die ersten Atomkraftwerke a) überaltert sind und b) sich alternative Energien bewährt haben. Welcher der verantwortlichen Politiker kann spätestens jetzt von sich behaupten, er habe seinen Job gut gemacht, ohne sich wenigstens vor sich selbst zu schämen? Wer heute noch immer vom sauberen und günstigen Atomstrom spricht, sollte sich einmal die Zahlen anschauen. Bisher bezahlte der Deutsche Staat alleine an Subventionen für die Kernenergie etwa 170 Milliarden Euro. Und sauber? Da ist ja wohl kein Kommentar nötig!

An dieser Stelle richte ich einen Appell an den gesunden Menschenverstand und wenn es sein muss, von mir auch aus an den Erhaltungswillen unserer Art. Dabei meine ich nicht den Willen zur Fortpflanzung, sondern den Erhalt des aufrechten Gangs, des kritischen Geistes, der sich nicht von Politkarrieren und Machtphantasien korrumpieren lässt, sondern sich immer ein gesundes Maß an natürlicher Intelligenz dafür bewahrt, auch einmal hinterfragen zu können. Kinder können das und bringen uns damit oft genug in Verlegenheit!

Christine Keiner

Montag, 7. März 2011

Der größte Gewinner der Globalisierung

Wer auch immer darüber debattiert, ob und wie der Islam zu Deutschland gehört, sollte sich darüber im Klaren sein, was inzwischen in weiten Teilen der Erde aus dieser ursprünglich friedlichen Religion geworden ist und sich mit moderaten Muslimen beraten.



So schreibt Johann Hari im The Independent: “Wir alle finanzieren die Bigotterie der Saudis!” Seiner Meinung sind es nicht die großen Marken wie Coca Cola, Apple oder Nike, die weltumspannende Karrieren gemacht haben, sondern der Champion sei ein puritanischer Wüstennomade aus Arabien, der schon seit 1765 tot ist. Die Rede ist von Muhammad Ibn Abd-al Wahhab. Der nämlich hatte einen Traum. Er wollte die reine und puritanische islamische Religion und studierte in Bagdad einen Gelehrten aus dem 8. Jahrhundert, der alle Hadith (Wissenschaft) verwarf und den Koran als monolithisches Werk des Himmels erscheinen ließ, dem Menschen nichts hinzufügen dürften. Diese Lehren fasste Wahabb im Buch der Einheit (kitab at-tauhid) zusammen, in dem er eine einfache Natur Gottes und seiner Offenbarung verkündete. Hinzu fügte er noch die Lehren Ibn Taimiyas, der sich gegen eine Schwächung des Islam durch fremde Einflüsse wandte und die Logik, die empirische Wissenschaft Griechenlands sowie die islamische Mystik geißelte, die er für ein feindliches, dem christlichen Glauben entlehntes, Element hielt. So entstand die “Reformation” des Islam. Die Wahhabiten betrachten sich als die einzig wahren Muslime und lehnen alle anderen Richtungen des Islam, insbesondere den Sufismus und die Schia ab. Talibane und ein Teil von El Kaida sollen sich auf diese Lehre berufen haben.

Als es 1744 zu einer Vertragsunterzeichnugn zwischen Abd al-Wahhab und Ibn Saud kam, in dem sich Wahhab die religiöse und Ibn Saud die militärische Macht im “heiligen Krieg” teilten und die Saudis 1786 den gesamten Nadschd eroberten, gründeten sie das erste Reich der Saud Dynastie. Wahhab und seine Anhänger kontrollierten immer mehr Volksstämme und ihr Reich wurde groß und mächtig. Mehrere Male griffen sie Mekka und Medina und blockierten Pilgerwege und versuchten die Imame von ihrer Lehre zu überzeugen. Die wahhabitischen Feldzüge gelten als die schrecklichsten und unheiligsten Kriege der Moslems.

Die endgültige Eroberung Mekkas und Medinas machte Saudi-Arabien mit der Gründung 1932 zu einem starken Staat. Der Wahhabismus ist heute Staatsreligion und wird durch die Religionspolizei, die Mutawas, gestützt. Auch die Justiz, wie in vielen anderen arabischen Ländern, untersteht den Religionsgelehrten, also den Wahhabiten und der saudi-arabische Staat fördert wahhabitische Organisationen in allen Teilen der Welt.

Gemäßigte Muslime warnen seit Jahrzehnten vor dem Überschwappen des Wahhabismus auf die islamische Welt und davor, dass Kinder in Koranschulen von dieser Lehre indoktriniert werden. Johann Hari schreibt in seinem Artikel, in Groß-Britannien gebe es wenigstens 120 Koranschulen, die ohne saudische finanzielle Unterstützung nicht existieren könnten und der britische Staat denke daran, mehr von diesen Schulen zu bauen. Ganz abgesehen von den Imams, schreibt er, von denen niemand wisse, wie viele von ihnen von den Saudis ausgebildet würden. In einer Birminghamer Moschee hätte ein in Riyadh ausgebildeter Imam Juden und Christen als „Feinde“ bezeichnet und Homosexuelle als „perverse, verlauste Hunde, die getötet werden“ müssten. Schon länger diskutiere die britische Regierung darüber, britische Imame auszubilden, aber ihre Energie dafür sei offenbar verpufft. Hari warnt davor, dass -wenn wir den Wahabbismus weiterhin zuließen, andere Formen des Islams schlichtweg weg gebügelt würden. Der große Traum von Wahhab sei schon jetzt Realität geworden: für Millionen von Muslimen sei der Wahhabismus bereits der einzig wahre Glaube.

Und warum stoppen unsere Regierungen diese „Hass-Maschine“ nicht? fragt er. Die Antwort sei ganz einfach, schreibt Thomas Friedman von der New York Times: „Junkies reden auch nicht schlecht hinter dem Rücken ihres Dealers.“ Wir sind abhängig vom Saudi-Öl:  jedes Mal, wenn wir unseren Tank füllen, ein Flugzeug besteigen oder uns Waren aus aller Welt liefern lassen, werden unsere demokratischen Prinzipien immer ein bisschen glitschiger vom Öl. Und so lange wir nicht endlich vom Öl aus dem Nahen Osten unabhängig werden, so lange unterstützen wir indirekt an der Zapfsäule diese Propaganda der Wahabbisten. Grüne Energie würde uns nicht nur vor einem entarteten Islam retten, sondern uns außerdem näher an den Umweltschutz bringen.“ Ob das nicht alleine schon Grund genug wäre, fragt er.

Welch ein Zynismus: Demokraten aus London oder Berlin bezahlen indirekt an der Zapfsäule für eine fanatische arabische Propaganda, mit der Kinder in Pakistan oder an Hunderten von anderen Orten indoktriniert werden, von denen uns dann einige als Terroristen oder Selbstmordattentäter heimsuchen!


http://www.weltexpress.info/cms/index.php?id=6&tx_ttnews[tt_news]=29026&tx_ttnews[backPid]=385&cHash=8bff4cb9e625a0b5b5d3d63c2d5828ae

Samstag, 5. März 2011

Türkische Blogs bei blogger.com gesperrt

Wegen Fußball-Übertragungsrechten erreichte ein türkischer Pay-TV-Sender per Gerichtsbeschluss die Sperrung von allen Blogs bei blogger.com in der Türkei.

Die Sperre wurde durch einen türkischen Pay-TV-Anbieter veranlasst, der das Monopol für Streams von türkischen Fussball-Ligaspielen beansprucht. Weil einige Blogs Links zu Seiten enthielten, die entsprechende Aufnahmen kostenlos anboten und Google nach mehrmaliger Auffordung nichts dagegen unternahm, soll ein Gericht einen Eilantrag durchgesetzt und die sofortige Sperre  der Blogs erwirkt haben. Auch andere Webdienste fielen aus.

Der betroffene Fernsehsender hatte 2010 die Senderechte für 321 Millionen Dollar gekauft und will sich nicht bieten lassen, dass in den Blogs die Spiele umsonst angesehen werden können und ist außerdem der Meinung, dass die Internetplattform dafür zu sorgen hat, dass die AGSs eingehalten werden.

(Anmerkung: Heute, am 5. März, 12.45 Uhr, ist zumindest mein Blog wieder geöffnet. Ob dauerhaft, ist zur Zeit nicht bekannt)

Dienstag, 1. März 2011

Erdogan und sein Wahlkampf in Deutschland

Der türkische Ministerpräsident ist zwar Regierungschef seines Landes, aber er hat beileibe nicht nur Freunde und sein Beliebtheitsgrad befindet sich im Sinkflug. Was liegt da näher, als bei 3 Millionen Türken in Deutschland um Stimmen zu buhlen und ihnen zu erzählen, was sie gerne hören wollen?

Es war eine verantwortungslose Rede, die Tayyip Erdogan am Sonntagabend im ISS-Dome in Düsseldorf vor rund 10 000 Türken hielt, denen er wahrlich den in der Türkei so oft zitierten „Honig“ um den Bart schmierte: „Ich bin hier, um mit euch eure Sehnsucht zu fühlen, ich bin hier, um nach eurem Wohl zu schauen. Ich bin hier, um euch zu zeigen, dass ihr nicht alleine seid!“ Und dann tat er wieder das, wofür er bereits vor drei Jahren kritisiert wurde, er riet seinen Landsleuten davon ab, sich zu assimilieren. Integration ja, Assimilation nein! „Unsere Kinder müssen Deutsch lernen, aber zuerst müssen sie Türkisch lernen“. Welche absurden Ratschläge. Man kann den Eindruck gewinnen, er habe sich doch nicht so weit entfernt von den Ideen seines kürzlich verstorbenen ehemaligen Mentors, Necmettin Erbakan. Der redete nämlich immer orakelgleich davon, dass Allah für die Türken, bzw. für die Muslime in Europa einen anderen Plan vorgesehen habe, als dass sie nur zum Geldverdienen kommen.

Die Türkei vermittelt ihren Bürgern seit der Gründung der Türkischen Republik ein überstarkes Nationalgefühl. Atatürk wollte damit seinerzeit den Vielvölkerstaat zu einer Nation zusammen schweißen, ganz nach dem Vorbild der USA. Die Kinder in der Schule werden noch heute jeden Morgen mit patriotischen Atatürk-Zitaten auf den Tag eingestimmt, die Nationalhymne wird jeden Freitagnachmittag nach dem Unterricht zelebriert, dann erst werden Schüler und Lehrkräfte ins Wochenende entlassen. Seit die Regierung Erdogan das Ruder übernommen hat, kommt zu dem Nationalismus auch noch das religiöse Selbstverständnis dazu. Das Kopftuch der Emine Erdogan machte als islamisch-modisches Accessoire  eine große Karriere. Viele Frauen „hübschen“ sich damit auf und niemand soll meinen, sie würden dazu von ihren Vätern oder Männern gezwungen. Dieses Kopftuch ist das Symbol einer neuen, religiös inspirierten, Mittelschicht, die durch Erdogan zu einem nicht sonderlich sympathischen Selbstbewusstsein gefunden hat. Dieses Selbstbewusstsein oder Selbstwertgefühl versucht der türkische Ministerpräsident nun auch den Türken in Deutschland zu vermitteln.

Erdogans Wählerschicht besteht größtenteils aus der Landbevölkerung, die in die Ballungszentren drängt. Es sind diejenigen, die jetzt „ran an die Wurst“ wollen, denn sie wurden von den Kemalisten sträflich vernachlässigt. Hier zeigt sich auch das große Versagen der türkischen Sozialdemokraten (CHP) über Jahrzehnte. Die nicht besonders gläubige, aber ungebildete Dorfbevölkerung wurde belächelt und das Bildungsbürgertum schaute naserümpfend auf sie herab. Nur während der Wahlkämpfe verirrten sich Politiker in die ländlichen Regionen, um Kreuze auf den Wahlzetteln einzusammeln. Aber Erdogan machte sie zu seinen „Geschwistern“, gab ihnen ein neues Selbstwertgefühl und machte außerdem die Religion gesellschaftsfähig. Als die Kemalisten durch Erdogan ihre Felle davon schwimmen sahen, versuchten sie mit einem „tiefen Staat im Staat“ Unruhe im Land zu stiften, unterstützten Anschläge und ließen mutmaßlich Christen ermorden, weil sie glaubten, sie könnten noch einmal die Uhr zurück drehen. Doch sie unterschätzten Erdogan und seine Leute. Jetzt stehen etwa 200 ehemalige Militärangehörige, unter ihnen Generäle, vor Gericht oder sind bereits verurteilt und inhaftiert.

Wie „spannend und wichtig“ das Experiment der Türkei unter Erdogan wirklich ist, bleibt abzuwarten. Tatsache jedenfalls ist, dass das „Modell Türkei“ für den gegenwärtigen Umbruch in der arabischen Welt von großer Bedeutung unter der Bedingung sein kann, dass auch die Minderheiten die gleichen Rechte erhalten.


http://www.weltexpress.info/cms/index.php?id=6&tx_ttnews[tt_news]=28967&tx_ttnews[backPid]=385&cHash=fd34dc9f710687207bc4e8121600ffa7

Montag, 28. Februar 2011

Hotelbewertungen als Marketinginstrument

Immer häufiger werden Hotelbewertungen auf den entsprechenden Portalen manipuliert. Urlaubsreisende sollten sich daher nicht auf die Kommentare und Empfehlungen der angeblichen Gäste verlassen. Bewertungen sind inzwischen zu einem entscheidenden Marketinginstrument der Hotels geworden.

Yasar B. wurde als Rezeptionist in einem großen Hotel in der Nähe von Antalya eingestellt. Als Deutschtürke mit gutem Englisch wurde er gern genommen. Doch nach einer Weile saß er fast nur noch am Computer, um mit Hunderten von falschen E-Mail-Adressen Hotelbewertungen zu schreiben. Dieses Vorgehen scheint inzwischen mehr die Regel als die Ausnahme bei vielen Hotels darzustellen. Schlechte Bewertungen für andere, gute Bewertungen für das Hotel, in dem er arbeitete, musste Yasar schreiben. Tag für Tag, bis er genug davon hatte und seinen Job kündigte. Jetzt ist er Geschäftsführer eines Hamams.

Immerhin informiert sich mehr als die Hälfte der Deutschen vor einer Reisebuchung im Internet über Unterkünfte. Ob Hotels, Ferien-Wohnungen oder Häuser, alles wird im Internet recherchiert und wie man jetzt weiß, sind diese Informationen nicht zuverlässig. Auch das ZDF berichtete kürzlich über Manipulationen auf Bewertungsportalen und machte den Test: Eine Reporterin schrieb frei erfundene positive Bewertungen und schrieb Dinge, die es im Hotel gar nicht gab. Und das taten wir auch. Wir berichteten über die ruhige Lage, obwohl das Hotel an einer Bundesstraße lag, oder über Wellness-Einrichtungen, die es nicht gab und über Tennis-Plätze die nicht existierten. Die Bewertungen wurden veröffentlicht.

Und so sollen auch Hoteliers immer häufiger Agenturen beauftragen, Hotelbewertungen zu manipulieren, berichten Brancheninsider und Betreiber von Hotelportalen. Laut ZDF.reporter unterwegs berichtet beispielsweise die Düsseldorfer Agentur „Revolvermänner“ von Agenturen, die sich auf das Manipulieren von Bewertungen im Internet spezialisiert haben und erhielt selbst im vergangenen Jahr Anfragen von 40-50 Hotels, um fiktive Bewerbungen schreiben zu lassen.  "Revolvermännner" lehnt solche Aufträge strikt ab. So enstehe ein Teufelskreis, heißt es dort. Eine Art Wettrüsten finde statt, weil Agenturen nicht nur Kunden hoch-, sondern die Konkurrenz abwerten. Somit habe der Verbraucher keine Chance mehr zu erkennen, welches Hotel gut und welches schlecht sei. Es sei ein regelrechter Bewertungskrieg ausgebrochen.

So gesehen könnte man auch schlussfolgern, dass selbst echte Empfehlungen aus subjektiver Sicht geschrieben werden. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen von einem Urlaubshotel und somit sollte man sich auf die Bewertungen auf den entsprechenden Portalen nicht verlassen.

(Mit Material von ZDF)

Donnerstag, 24. Februar 2011

172 Jahre Haft für pensionierten türkischen Oberst

Die türkische Justiz klagt Mitglieder einer mutmaßlichen Erpressergang an, die innerhalb der Armee ihre Opfer mit Sex-Videos unter Druck versucht haben soll, unter Druck zu setzen.

Wie türkische Medien berichten, wurde für den pensionierten Oberst, der als Anführer der Gruppe gilt, eine Gefängnisstrafe von 172 Jahren gefordert. Die Zeitung “Radikal” schreibt, dass insgesamt 5 000 Personen ausspioniert wurden. Zuerst sollen hochrangige Offiziere mit Prostituierten zusammengebracht und dann deren Schäferstündchen gefilmt worden sein. Mehr als 160 000 geheime Dokumente wurden angeblich auf diese Weise zusammengetragen. Unter den Dokumenten sollen sich auch Lagepläne und Fotos von Militäreinrichtungen befinden, so dass die Anklage nicht nur auf Erpressung, sondern auch auf Spionage lautet. Es sei sogar teilweise versuchten worden, diese Dokumente an andere Staaten zu verkaufen. Nun hat man beim türkischen Generalstab neben allen anderen Sorgen auch noch jene, dass die nationale Sicherheit bedroht sein könnte, sollten diese Dokumente an die Öffentlichkeit geraten. Insgesamt soll es sich um 56 Personen handeln, die unter Anklage stehen.

Montag, 21. Februar 2011

Erdogans Ghostwriter - Sarrazin rezensiert

http://www.faz.net/s/Rub31A20177863E45B189A541403543256D/Doc~EC60A3BBEFFCC4B32868F231884457F78~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Geschichte unter Wasser

Jetzt wird doch geflutet. Die Tore des Staudamms in der Nähe von Pergamon wurden geschlossen und der Wasserspiegel hat laut türkischer Medien bereits die Ruinen von Allianoi erreicht, eine der ältesten Kuranlagen der Welt. Die Ausgrabungen in Allianoi überraschten bei ihrer Ausgrabung 1998 selbst Experten. Nur 20 Prozent der Anlage wurden bisher freigelegt, und nun verschwinden sie unter Wasser.

Seit Jahren versuchen Staudammgegner mit Unterstützung von Wissenschaftlern die Flutung dieses Staudamms zu verhindern. Den Behörden wird jetzt seitens der Gegner vorgeworfen, den Ausgang des Rechtsstreits nicht einmal abgewartet zu haben.

Weil die Türkei etwa 20 Prozent ihres Energiebedarfs durch Wasserkraft erzeugt und etwa 70 Prozent Energie importieren muss, sind noch weitere Stadämme geplant. Auch die antike Stadt Hasankeyif wäre schon längst im Wasser versunken, hätten nicht massive Proteste das Projekt bisher verhindert. Unverständlich ist, warum in einem sonnenreichen Land wie der Türkei noch immer kein Strom durch Solar-Energie hergestellt wird.

Der Staudamm bei Allianoi allerdingst ist nicht für die Energiegewinnung, sondern für die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen gedacht. Ein solcher Staudamm wurde auch in 2009 in der südtürkischen Stadt Alanya geflutet, der teils zur Stromgewinnung, teils für die Bewässerung von Feldern vorgesehen war. Doch als mit dem Bau des Dim-Staudamms in Alanya vor etwa 15 Jahren begonnen wurde, konnte wohl niemand voraussehen, dass nach seiner Fertigstellung kaum noch landwirtschaftliche Flächen zu bewässern sind, weil sie entweder bebaut wurden oder aber nicht mehr bewirtschaftet werden. Die Türkei hat einen großen Teil ihrer Landwirtschaft durch die Auflagen der EU im Zuge der Beitrittsverhandlungen aufgeben müssen. So wird beispielsweise kaum noch Baumwolle angebaut. Einige Jahre lang wurde den Baumwollbauern ein kleines "Schmerzensgeld" gezahlt, damit sie auf ihren Feldern nicht mehr arbeiten, jetzt bekommen sie gar nichts mehr. Wen wundert`s da, dass sie alle nur darauf warten, dass auch auf ihren ehemaligen Feldern endlich Hotels oder Wohnblöcke gebaut werden.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Wael Ghonim - die Personifizierung der ägyptischen Protestbewegung

Wer heute noch an der Macht von Facebook, Twitter & Co. zweifelt, sollte sich einmal anschauen, wie Wael Ghonim nach seiner Freilassung in Ägyten endgültig zum Gesicht der Protestbewegung geworden ist.

Der Google-Mitarbeiter war 12 lange Tage von den ägyptischen Sicherheits-Behörden festgehalten worden und ist seit Montag wieder frei. Nun wird er gefeiert, wie ein Held. Im vergangenen Jahr hatte der 30-Jährige die Facebook-Seite "Wir sind alle Khaled Said" gegründet, die auch zu den Protesten am 25. Januar aufrief. Khaled Said wurde im vergangenen Jahr in Alexandria von Polizisten zu Tode geprügelt.

Direkt nach seiner Freilassung gab Ghonim dem Privatsender Dream TV ein sehr emotionales Interview und kurz darauf hatte seine Facebook-Seite 170 000 neue Mitglieder. Seine Person und seine Geschichte dominiert in diesen Tagen die ägyptische Presse sowie das Internet. Diese Protestbewegung, die vor allem von der jüngeren Generation in Ägypten getragen wird, hat inzwischen massenweise Anhänger aus jeder Bevölkerungsschicht und jeden Alters bekommen.

Montag, 7. Februar 2011

So schön, dass es Euch gibt...

Heute wurde Bernd Eichinger beerdigt. Kürzlich war es Christoph Schlingensief und die vielen, die nicht in der Presse erscheinen, sind gegangen in den vergangenen Jahren - für immer. Die Trauer um großartige Künstler oder um diejenigen, die uns in unserem höchst privaten Leben viel bedeutet haben, ist nicht nur Ausdruck eines zutiefst empfundenen Verlustes, sondern auch - und vielleicht sogar vor allem - der Gewissheit um die eigene Endlichkeit.

Ich erinnere mich noch gut an die 80-er Jahre, da erlebte ich zum ersten Mal solch eine Sterbewelle. Einige starben an Drogen, einige verzweifelten am noch ganz jungen Leben und begingen Selbstmord, andere starben durch Motorrad- oder Autounfälle. Der eine oder andere Todesfall kam einem damals so furchtbar bedrohlich nahe,  man spürte den Tod hautnah und eiskalt, dass mir noch heute eine Gänsehaut "wächst".

Heute ist man da irgendwie furchtloser, eventuell deshalb, weil man sich an das Sterben rundherum gewöhnt hat? Weil man vielleicht nun mit den Lücken, die entstanden sind, besser umzugehen weiß, weil wir uns ohnehin schon längst in alle Winde verstreut hatten und somit nicht mehr, wie früher, ständig zusammen hockten? Oder weil wir einfach insgesamt mit den Jahren "cooler" geworden sind?
Viele Fragen, kaum Antworten! Ich persönlich habe gelernt, so manche schöne Erinnerung lebendig zu erhalten, und mich in stillen Momenten an ihnen zu erfreuen. Eben diese stillen Momente suche ich immer häufiger und dabei wird mir bewusst, dass es eben diese Momente sind, von denen ich früher - in den "wilden Zeiten" immer sprach: "Ich möchte später im Schaukelstuhl sitzend mich beim Erinnern freuen können!" Zur Zeit finden diese höchst privaten Erinnerungen noch nicht im Schaukelstuhl statt, aber es kommt vor, dass ich leise vor mich hin lache, weil sie immer lebendiger werden!

Freuen wir uns also nicht nur über die hoffentlich immer lebendig bleibenden Erinerungen an diejenigen, die bereits in die Parallelwelt umgezogen sind, sondern vergessen wir darüber nicht, uns über diejenigen Freunde, Bekannte und Verwandte zu freuen und sie zu schätzen, solange sie noch real erreichbar sind. Nach ihrem Tod Loblieder auf sie zu singen oder sich gar mit ihnen zu schmücken, während man sie in diesem Leben nicht genügend zu schätzen wusste, ist relativ sinnlos, dafür eher unanständig!
An alle meine mir lieben Menschen: Wie schön, dass es Euch gibt!

Mittwoch, 2. Februar 2011

“Mubarak, Du wirst sterben!”

So wurde der türkische Ministerpräsident in der Überschrift eines Artikels in der türkischen Tageszeitung “Taraf” zitiert. Erdogan, der kurz vor seiner Abreise nach Kirgistan noch eine Rede zur Lage in Ägypten hielt, sagte: ” Niemand hält einem solchen Druck stand.” Und an die Adresse Mubaraks: “Hör auf das, was die Menschen wollen!”

Während einer Parlaments-Rede äußerte der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan sich dahingehend, dass er seine Ägypten-Reise verschoben habe, bis das Land sich wieder in einer normalen Situation befinde. An die Adresse Mubaraks sagte er, kein Land in der Geschichte habe je einem solch immensen Druck standhalten können und jedes Volk sprenge früher oder später die Ketten der Unterdrückung. Wir alle seien Menschen und jeder von uns werde einmal sterben. Wesentlich aber sei, dass wir für das, was wir hinterlassen auch zur Rechenschaft gezogen werden. “ Wir sind für das Volk da. Wir sind der Öffentlichkeit verpflichtet. Die Stimme des Volkes ist wertvoll und wir müssen ihr Gehör schenken. Wenn das Volk einen Wechsel will, dann sollte man diesem Ruf ohne Zögern nachkommen.”

Seine Partei, die AKP sei gegen den Status Quo an die Macht gekommen, sagte Erdogan. “Unsere Gradlinigkeit werden ein paar Intellektuelle oder einige Kolumnisten nicht aus der Form bringen”, sagte Erdogan.

“Wir beobachten hier zur Zeit eine autoritäre Außenpolitik. Die Türkei sagt “stop” zur Unterdrückung und hat alles, was in ihrer Macht stand dafür getan, um unseren Brüdern und Schwestern in den Nachbarstaaten zur Stabilität zu verhelfen”.

Die Mittelost-Staaten seien “dynamisch” und den Menschenrechten verpflichtet. “Wir müssen auf uns selbst vertrauen und die Schlacht für Gerechtigkeit und Freiheit gewinnen, ohne dass wir Gewalt, die zum Terrorismus führt, anwenden”. Erdogan betonte, dass die Türkei Ägypten genauso zur Seite stehe, so wie sie auch an der Seite Tunesiens war. An die Adresse des ägyptischen Volks sagte Erdogan: “Die Demokratie ist euer gutes Recht, aber ihr solltet dabei die Werte eures Landes erhalten. Wir möchten nicht, dass aufgrund des Status Quo in Ägypten ein Tropfen Blut vergossen wird”.
Die Rede Erdogans wurde vom Sender Al Jazeera mit Simultanübersetzung live übertagen.

(Erstveröffentlichung in weltexpress.de)

Al Jazeera English: Live Stream - Watch Now - Al Jazeera English

Al Jazeera English: Live Stream - Watch Now - Al Jazeera English

Samstag, 29. Januar 2011

Helmut Schmidt und die weltumspannende Moral

92 Jahre und gibt noch immer keine Ruhe! Zum Glück für uns alle ist er noch so aktiv und will es auch jetzt immer noch wissen: Helmut Schmidt appelliert an ehemalige Amtskollegen in aller Welt, sich für die Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten einzusetzen. Ein erster Versuch, dieses Projekt voranzubringen, scheiterte 1997.

Der "InterAction Council" ist ein Zusammenschluss hochrangiger Politiker aus aller Welt, der 1983 gegründet wurde, den man vielleicht auch "Think Tank für eine bessere Welt" nennen könnte. Dieser "Think Tank" legte damals, also 1997, einen Entwurf  mit 19 Artikeln vor, in dem vorgeschlagen wurde, wie Menschen sich verpflichten sollten, Leben zu achten und gewaltfrei zu handeln, wie sie unter allen Umständen Gutes fördern und Böses meiden könnten. Vor allem aber geht es in dem Entwurf um faires Wirtschaften, Schutz der Umwelt und Gerechtigkeit im Allgemeinen.
Der "InterAction Council" hat sich zum Ziel gesetzt, eine weltumspannende Moral und eine globale Kultur der Verantwortlichkeit zu erreichen. Die Menschen sollten also nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben und vor allem sollen "alle Menschen menschlich behandelt" werden.

Artikel 1: Jede Person, gleich welchen Geschlechts, welcher ethnischen Herkunft, welchen sozialen Status, welcher politischer Überzeugung, welcher Sprache, welchen Alters, welcher Nationalität oder Religion, hat die Pflicht, alle Menschen menschlich zu behandeln.

Artikel 2: Keine Person soll unmenschliches Verhalten, welcher Art auch immer, unterstützen, vielmehr haben alle Menschen die Pflicht, sich für die Würde und die Selbstachtung aller anderen Menschen einzustzen.

Artikel 3: Keine Person, keine Gruppe oder Organisation, kein Staat, keine Armee oder Polizei steht jenseits von Gut und Böse; sie alle unterstehen moralischen Maßstäben. Jeder Mensch hat die Pflicht, unter alle Umständen Gutes zu fördern und Böses zu meiden.

Artikel 4: Alle Menschen, begabt mit Vernunft und Gewissen, müssen im Geist der Solidarität Verantwortung übernehmen gegenüber jeden und allen, Familien und Gemeinschaften, Rassen, Nationen und Religionen: Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu.

Artikel 5: Jede Person hat die Pflicht, Leben zu achten. Niemand hat das Recht, eine andere menschliche Person zu verletzen, zu foltern oder zu töten. Dies schließt das Recht auf gerechtfertigte Selbstverteidiung von Individuen und Gemeinschaften nicht aus.

Artikel 6: Streitigkeiten zwischen Staaten, Gruppen oder Individuen sollen ohne Gewalt ausgetragen werden. Keine Regierung darf Akte des Völkermords oder des Terrorismus tolerieren oder sich daran beteiligen, noch darf sie Frauen, Kinder oder irgendwelche anderen zivilen Personen als Mittel zur Kriegsführung missbrauchen. Jeder Bürger und öffentliche Verantwortungsträger hat die Pflicht, auf friedliche, gewaltfreie Weise zu handeln.

Artikel 7: Jede Person ist unendlich kostbar und muss unbedingt geschützt werden. Schutz verlangen auch die Tiere und die natrliche Umwelt. Alle Menschen haben die Pflicht, Luft, Wasser und Boden um der gegenwärtigen Bewohner und der zukünftigen Generationen willen zu schützen.

Artikel 8: Jede Person hat die Pflicht, sich integer, ehrlich und fair zu verhalten. Keine Person oder Gruppe soll irgendeine andere Person oder Gruppe ihres Besitzes berauben oder ihn willkürlich wegnehmen.

Artikel 9: Alle Menschen, denen die notwendigen Mittel gegeben sind, haben die Pflicht, ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, um Armut, Unterernährung, Unwissenheit und Ungleichheit zu überwinden. Sie sollen überall auf der Welt eine nachhaltige Entwicklung fördern, um für alle Menschen Würde, Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit zu gewährleisten.

Artikel 10: Alle Menschen haben die Pflicht, ihre Fähigkeiten durch Fleiß und Anstrengung zu entwickeln, sie sollen gleichen Zugang zu Ausbildung und sinnvoller Arbeit haben. Jeder soll den Bedürftigen, Benachteiligten, Behinderten und den Opfern von Diskriminierung Unterstützung zukommen lassen.

Artikel 11: Alles Eigentum und aller Reichtum müssen in Übereinstimmung mit der Gerechtigkeit und zum Fortschritt der Menscheit verantwortungsvoll verwendet werden. Wirtschaftliche und politische Macht darf nicht als Mittel zur Herrschaft eingesetzt werden, sondern im Dienst wirtschaftlicher Gerechtigkeit und sozialer Ordnung.

Artikel 12: Jeder Mensch hat die Pflicht, wahrhaftig zu reden und zu handeln. Niemand, wie hoch oder mächtig auch immer, darf lügen. Das Recht auf Privatsphäre und auf persönliche oder berufliche Vertraulichkeit muss respektiert werden. Niemand ist verpflichtet, die volle Wahrheit jedem zu jeder Zeit zu sagen.

Artikel 13: Keine Politiker, Beamten, Wirtschaftsführer, Wissenschaftler, Schriftsteller oder Künstler sind von allgemeinen ethischen Maßstäben entbunden, noch sind es Ärzte, Juristen und andere Berufe, die Klienten gegenüber besondere Pflichten haben. Berufsspezifische oder andersartige Ethikkodizes sollen den Vorrang allgemeiner Maßstäbe wie etwa Wahrhaftigkeit und Fairness widerpiegeln.

Artikel 14: Die Freiheit der Medien, die Öffentlichkeit zu informieren und gesellschaftliche Einrichtungen wie Regierungsmaßnahmen zu kritisieren - was für eine gerechte Gesellschaft wesentlich ist -, muss mit Verantwortung und Umsicht gebraucht werden. Die Freiheit der Medien bringt eine besondere Verantwortung für genaue und wahrheitsgemäße Berichterstattung mit sich. Sensationsberichte, welche die Person oder die Würde erniedrigen, müssen stets vermieden werden.

Artikel 15: Während Religionsfreiheit garantiert sein muss, haben die Repräsentanten der Religionen eine besondere Pflicht, Äußerungen von Vorurteilen und diskriminierende Handlungen gegenüber Andersgläubigen zu vermeiden. Sie sollen Hass, Fanatismus oder Glaubenskriege weder anstiften noch legitimieren, vielmehr sollen sie Toleranz und gegenseitige Achtung unter allen Menschen fördern.

Artikel 16: Alle Männer und alle Frauen haben die Pflicht, einander Achtung und Verständnis in ihrer Partnerschaft zu zeigen. Niemand soll eine andere Person sexueller Ausbeutung oder Abhängigkeit unterwerfen. Vielmehr sollen Geschlechtspartner die Verantwortung für die Sorge um das Wohlergehen des anderen wahrnehmen.

Artikel 17: Die Ehe erfordert - bei allen kulturellen und religiösen Verschiedenheiten - Liebe, Treue und Vergebung udn sie soll zum Ziel haben, Sicherheit und gegenseitige Unterstützung zu garantieren.

Artikel 18: Vernünftige Familienplanung ist die Verantwortung eines jeden Paares. Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern soll gegenseitige Liebe, Achtung, Wertschätzung und Sorge widerspiegeln. Weder Eltern noch andere Erwachsene sollen Kinder ausbeuten, missbrauchen oder misshandeln.

Artikel 19: Keine Bestimmung dieser Erklärung darf so ausgelegt werden, dass sich daraus für den Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht ergibt, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, welche auf die Vernichtung der in dieser Erklärung und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 angeführten Pflichten, Rechte und Freiheiten abzielen.

(Quelle: Die Zeit 1997)


Dieses Ziel, so selbstverständlich und banal eigentlich, ist so wichtig und unabdingbar für eine Welt des Friedens und der Menschlichkeit, dass Helmut Schmidt, Ehrenvorsitzender des Rates dieses mit seinen Mitstreitern Richard von Weiszäcker, Nelson Mandela, Gro Brundtland, Valery Giscard d`Estaing, Jimmiy Carter, Franz Vranitzky und Malcom Frazer noch einmal auf die Tagesordnung bringt, um es durchzusetzen.

Schmidt erklärt den neuen Vorstoß, diese Idee in die Vollversammlung der Vereinten Nationen zu bringen, damit, dass die Welt sich sehr verändert habe und das Scheitern von 1997 auf Missverständniss der Menschenrechtler zurück zu führen sei. "Sie fürchteten, dass unsere Erlärung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterminieren würde". Beabsichtigt aber sei eine Stärkung der Menschenrechte, schreibt Schmidt.

Wie im "DerWesten" zu lesen war, sei auch die Vereinigung deutscher Wissenschaftler (VDW) ein langjähriger Verfechter dieser Idee, die in "Anbetracht von immer mehr zunehmenden Weltproblemen wie die Bedrohungen durch Klimaveränderungen, Probleme im Weltfinanzsystem, Hunger, Armut Auseinanderklaffen von Arm und Reich, Wasser-, Energie und Ressourchenknappheit, Kriege, Terrorismus" auf eine bessere Abstimmung der Politiken der einzelnen Staaten in Form von "Weltverträgen" erfolgreich sein könnte.

(Erstveröffentlichung weltexpress.de)

Freitag, 28. Januar 2011

Demonstranten in Kairo versuchen Außenministerium zu stürmen

http://english.aljazeera.net/photo_galleries/africa/2011125192646189116.html#

Der Twitter-Service von Aljazeera meldet, dass Tausende von Demonstranten in Kairo das Außenministerium zu stürmen versuchen. Weiterhin wird gemeldet, dass zur Zeit 800 Verletzte registriert sind, die nationale Airline ihre Flüge einstellt und Delta Airlines ab dem 29.1. ebenfalls ihre Flüge nach Kairo gecanceled hat. Weiterhin heisst es, dass ein Konvoi amerikanischer Panzer duch Kairo rollt.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Aufruhr in der arabischen Welt

„Nein zur Mandatserneuerung, Nein zur Erbnachfolge, die Stunde des Wandels ist gekommen“, rufen die Menschen in Sanaa. Nach Tunesien haben jetzt auch die Bürger in Ägypten und dem Jemen den Mut gefasst, auf die Straße zu gehen.

In beiden Ländern setzen die jeweiligen Oppositionsparteien auf Massendemonstrationen. In Ägypten wurde derweil eine Ausgangssperre sowie Demonstrationsverbot verhängt und die Polizei reagiert mit Gewalt und Festnahmen. Die ägyptische Führung scheint den Aufstand der Menschen jedoch eher als Sicherheitsproblem zu sehen und nicht als Anlass, die politische Struktur zu überdenken. So warnte sie vor neuen Demonstrationen und drohte damit, dass Teilnehmer sofort zur Rechenschaft gezogen würden, wie die amtliche Nachrichtenagentur Mena vermeldete.

Im Jemen zeigt sich Präsident Saleh bislang unbeeindruckt und arbeitet weiter an einer Verfassungsänderung, die ihm eine Präsidentschaft auf Lebenszeit sichern würde. In der „Zeit online“ heisst es, Saleh hätte in einer Fernsehansprache, die am Sonntagabend ausgestrahlt wurde, indes beteuert: „Wir sind eine Republik und ich bin gegen die Übertragung der Macht“. Ihm wird vorgeworfen, er beabsichtige, die Macht an seinen ältesten Sohn Ahmed übergeben zu wollen. Dieser ist Chef der Republikanischen Garde, einer Eliteeinheit der Armee.

Die arabischen Völker bewundern Tunesien, die ihren Präsidenten „gefeuert“ und außer Landes getrieben haben und nun gegen eine Übergangsregierung demonstrieren. Inzwischen wird Ben Ali sogar mit internationalem Haftbefehl gesucht, den die tunesische Justiz ausgestellt hat. Der Mut der Tunesier scheint eine Schleuse geöffnet zu haben für die Wut und den Zorn, der sich in der Bevölkerung einiger arabischer Staaten offenbar angestaut hat. Auch in Algerien hat es inzwischen Proteste gegeben und die Jordanier gehen inzwischen auch auf die Straße. Sie protestieren gegen steigende Preise der Grundnahrungsmittel sowie Öl und Benzin. Weiterhin fordern sie freie Wahlen, denn noch immer wird die jordanische Regierung vom König ernannt.

In Israel betrachtet man diese Entwicklung allerdings mit Sorge und fürchtet ein „politisches Erdbeben“ in dieser Region.

Montag, 24. Januar 2011

Lesetipp: “Sei gegrüßt, o Volk aus dem Land der Datteln!”


Während wir Europäer mit unserer Spendenbereitschaft für die verschiedensten afrikanischen Länder Mitleid und Hilfsbereitschaft signalisieren, die jedoch meist da versickert, wo sie nicht viel nützt, wäre es vielleicht auch einmal nützlich mehr darüber zu wissen, wieso Afrika eigentlich in dieser elenden Lage ist.

Meist wird der europäische Kolonialismus dafür verantwortlich gemacht, der den Kontinent ausgebeutet und im Chaos zurückgelassen hat. Doch nun hat der senegalesische Anthropologe Tidiane N`Diaye ein Buch geschrieben. Der Titel “Der verschleierte Völkermord” weist auf die Versklavung der Schwarzafrikaner durch muslimische Eroberer hin, die bereits im 7. Jahrhundert begann. Der Autor schätzt die Zahl der Toten des arabischen Sklavenhandels auf mindestens 17 Millionen Menschen.

Im Klappentext des bei Rowohlt erschienenen Buches steht: “Der verschleierte Völkermord” schildert die Versklavung der schwarzen Bewohner Afrikas durch die muslimischen Eroberer. Im Jahre 652 zwang der Emir Abdallah ben Said dem nubischen König Khalidurat einen Schutzgeld-Vertrag auf: Nubien sollte in Zukunft unter dem Schutz Allahs und seines Propheten Mohammed stehen, sofern er jedes Jahr 360 Sklaven beiderlei Geschlechts an den Imam der Muselmanen überstellte. Im Laufe der folgenden dreizehn Jahrhunderte drangen islamische Sklavenhändler immer tiefer in den Kontinent ein und verschleppten viele Millionen Schwarzen in die arabischen Länder. Der Autor beschreibt den unglaublichen Blutzoll, den dieser menschenverachtende Handel forderte. Auf jeden gefangenen Sklaven kamen durchschnittlich drei Menschen, die beim Niederbrennen der Dörfer oder in den darauf folgenden Hungersnöten umkamen. Unda uf den Todesmärschen starb in der Regel noch einmal mehr als die Hälfte aller Sklaven. Der Autor schätzt die Zahl der Toten, die auf das Konto des arabischen Sklavenhandels gingen, auf mindestens 17 Millionen. Es ist ein erschütterndes Buch über einen bisher kaum thematisierten Völkermord.
Tidiane N'Diaye ist Anthropologe und Wirtschaftswissenschaftler und ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Kulturen und der Geschichte Schwarzafrikas. Er hat mehrere Bücher über dieses Themenfeld geschrieben.
Im Vorwort von “Der verschleierte Völkermord” schreibt N`Diaye: “Der Horror in Darfur währt mittlerweile seit dem 7. Jahrhundert – bis hinein ins 21. Jahrhundert, mit dem Unterschied, dass es nun auch eine ethnische Säuberung gibt”.

foto: © Catherine Hélie © Editions Gallimard


Tidiane N`Diaye: Der verschleierte Völkermord

Die Geschichte des muslimischen Sklavenhandels in Afrika
Aus dem Französischen von Christine und Radouane Belakhdar

Rowohlt Verlag, Berlin 2010
256 Seiten, gebunden, Euro 19.95

Dienstag, 18. Januar 2011

Wirtschaftswachstum der Türkei doppelt so hoch als der weltweite Durchschnitt

Der Weltbank zufolge liegt die Wirtschaftswachstumsrate der Türkei 2010 mit 8,1 Prozent um das Doppelte über dem weltweiten Wachstum, das auf 3,9 Prozent geschätzt wird, meldete die Zeitung “Today`s Zaman”.

In der Januar-Ausgabe des Weltbank-Berichts “Global Economic Prospects” wird für die Türkei 2010 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 8,1 Prozent erwartet, berichtet die Zeitung. Schätzungen zufolge liegt das Weltwirtschaftswachstum im Vergleich bei rund 3,9 Prozent und für die Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird ein Wachstum von 2,7 Prozent vorhergesagt. Für die Eurozone liegt das geschätzte BIP-Wachstum bei 1,7 Prozent.

In dem Bericht der Weltbank werde auch die Wachstumsrate der Türkei für die Jahre 2011 und 2012 geschätzt, schreibt “Today`s Zaman”. Diese liege bei 4,1 bzw. 4,3 Prozent. Für die Eurozone liegen die Schätzungen bei 1,4 für 2011 und 2 Prozent für das nächste Jahr. Auf der Basis dieser Daten dürften die Wachstumszahlen der Türkei in diesem sowie im nächsten Jahr die Eurozone nochmals übertreffen. Im Weltbank-Bericht werde betont, so die Zeitung, dass die Erholung der Türkei lebhafter war und die stärkere Inlandsnachfrage widerspiegele, die durch den größeren Zufluss von ausländischem Kapital und eine lockere Geld- und Finanzpolitik gestützt wurde.

Die “Daily News” berichtete, die Hotelkette “Hilton” plane nach Angaben eines hochrangigen Unternehmensvertreters, ihre Investitionen in der Türkei mit neuen Hotels in der Provinz Konya und anderen Standorten zu forcieren. Laut “Daily News” soll Gary Steffen, Vice President von Double Tree by Hilton während eines Besuchs des Double Tree-Hotels in Istanbul gesagt haben, dass in 2011 fünf Hotels der Hilton-Kette “Double Tree” eröffnet werden sollen. “Das Double Tree by Hilton Istanbul-Moda ist das erste Hotel einer Marke von Hilton Worldwide, das auf der asiatischen Seite von Istanbul eröffnet wird. Deshalb ist diese Eröffnung neben unserem Netzwerk anderer Double Tree by Hilton-Hotels, die bereits eröffnet sind oder bald eröffnet werden, extrem wichtig für uns.” Hilton Worldwide ist seit 1955 in der Türkei vertreten.

Die Zeitung “Milliyet” berichtet, dass 2010 ein Autoabsatz in Rekordhöhe erzielt wurde. Aus den neu veröffentlichten Zahlen soll hervorgehen, dass die Produktionsleistung der türkischen Automobilindustrie um 26 Prozent gestiegen sei und somit seien von den türkischen Automobilherstellern 1 095 000 Kraftfahrzeuge ausgeliefert worden. Laut einer Statistik des Verbands der Automobilhersteller war Tofas, ein türkisch-italienisches Joint Venture, Spitzenreiter der Branche mit über 312 000 produzierten Fahrzeugen, gefolgt von Oyak Renault mit 307 083 und Ford Otosan mit 242 070 Fahrzeugen. Vom Gesamtproduktionsvolumen sollen 2010 754 000 der Fahrzeuge exportiert worden sein.

Dienstag, 11. Januar 2011

Porno-Film als Abschlussarbeit

Als Abschlussarbeit an der renommierten Bilgi Universität in Istanbul drehte der 24-jährige Deniz Özgün einen Pornofilm im Studio auf dem Campus. Warum es ausgerechnet ein Pornofilm sein musste? Er habe an die Grenzen der akademischen Freiheit gehen wollen, sagte er dem türkischen Magazin „Tempo“.

Der Stipendiat für Fotografie und Video-Kunst erhielt für die Abschlussarbeit die schlechteste Benotung seines Jahrgangs. Aber nicht etwa, weil der Film ein Pornofilm war, sondern weil es ein schlechter Pornofilm war. Das zumindest sagten die verantwortlichen Lehrkräfte, von denen drei entlassen wurden, nachdem in Erfahrung gebracht wurde, dass sie das Projekt ohne Wissen des Direktors unterstützten. Sie hätten das Thema sogar vor der Jury geheim gehalten, um die Grenzen der akademischen Freiheit an der Bilgi-Universität auszutesten.

Auf die Frage, was denn die schwerste Hürde für die Herstellung dieses Films gewesen sei, antwortete Deniz laut „Tempo“: „Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber den männlichen Hauptdarsteller zu finden, war der härteste Part. Alles am Set war bereit, nur unser Mann fehlte uns noch. Darum mussten wir den Dreh auch um eine Woche verschieben. Als wir dann endlich jemanden gefunden hatten, mussten wir ihm schriftlich versichern, dass der Film niemals außerhalb der Universität gezeigt wird und vor allem nicht in den Handel gelangt“. Die Frage, ob seine Eltern den Film gesehen haben, beantwortete der Student, indem er erzählte, dass man den Film im Kreis der ganzen Familie angesehen hätte. Seine Familie sei ohnehin von seiner Studienfach-Wahl nicht begeistert gewesen, erzählte er. „Aber dann haben sie sich damit abgefunden und schauten sich den Film an, als das was er war: meine Abschlussarbeit!“

Erst nachdem die Universitätsleitung mit Hunderten von e-Mails empörter Eltern konfrontiert wurde, entließ sie die Lehrkräfte, die an der Abschlussarbeit beteiligt waren. Man wollte damit verhindern, dass sich der Skandal ausbreite.

Die private und Nonprofit-Universität, 1996 gegründet, ist bekannt für ihre politische Aufgewecktheit sowie für ihre junge Akademiker-Generation, die sich gezielt in gesellschaftspolitische Belange einmischt. Diese Spitzenhochschule gilt nicht nur in der Türkei als mutige, engagierte und zugleich wissenschaftlich hochrangige Alternative, wo unerschrocken gedacht werden darf, sondern auch als Enklave für viele deutsche Wissenschaftler und Studenten.

Montag, 10. Januar 2011

Der Traum von Europa – für die meisten Türken ist er verflogen

Nur noch 38 Prozent der türkischen Bevölkerung glauben, dass ihr Land EU-Mitglied wird. Die Türkei verfolgt inzwischen eigene Ziele und fühlt sich durch ihre Nahost-Orientierung inzwischen so stark, dass eine europäische Mitgliedschaft nicht mehr als besonders wichtig erachtet wird.

Den ersten Antrag stellte die Türkei bereits 1959, um der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) anzugehören und bereits vier Jahre später wurde das Assoziierungsabkommen unterzeichnet. Damals sagte der EWG-Kommissionspräsident Walter Hallstein (CDU): „Die Türkei gehört zu Europa“. Erst 45 Jahre später beschloss der Europäische Rat, die Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Dies war nicht nur ein Anlass, der mit Feuerwerk und Konfetti gefeiert wurde, sondern die Menschen auf der Straße begannen sich gegenseitig zu Europäern zu „erziehen“, indem sie sich bei der kleinsten Ordnungswidrigkeit gegenseitig als „nicht Europa tauglich“ kritisierten. Doch das haben sie schon längst aufgegeben. Nach sechs Jahren, in denen von 35 Verhandlungskapiteln gerade mal ein einziges abgeschlossen werden konnte, ist für die meisten Türken der Traum von Europa verflogen.

Auch wenn Außenminister Davutoglu immer wieder versichert, der EU-Beitritt habe Priorität, sieht sich die Regierung schon längst nach Alternativen um. Anfang Dezember 2010 unterzeichnete sie mit Syrien, Libanon und Jordanien ein Abkommen über politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der erste Schritt zu einer „Levantinischen Union“ einschließlich einer Zoll- und Währungsunion sei damit getan, hieß es. Staatspräsident Abdullah Gül sagte in einem Interview mit dem Sender „Euronews“, dass die Türkei lange Zeit Probleme mit ihren Nachbarn gehabt habe, aber nun auf dem richtigen Weg sei, sich mit ihren Nachbarstaaten nicht nur zu vertragen, sondern auch mit ihnen zusammen zu arbeiten. Auf die Frage, was er über die Mitgliedschaft in der EU denke, antwortete Abdullah Gül: „Selbstverständlich arbeiten wir weiter auf eine Mitgliedschaft hin. Aber seit 2005 stocken die Beitrittsverhandlungen, weil immer wieder ein europäischer Staat ein Veto einlegt und wir wissen nicht, wie es weiter geht. Selbst wenn die Türkei alle Kriterien erfüllen würde, müssen wir immer damit rechnen, dass es wieder ein Veto oder ein Referendum gibt und inzwischen sind wir uns nicht mehr sicher, wie lange das türkische Volk sich das noch gefallen lässt. Vielleicht werden wir es dann so halten wie die Norweger, weil wir unsere Vision verloren haben.“

„Der Rat des Spitzen-Quartetts“

So soll sich die neue Allianz zwischen der Türkei, Jordanien, Libanon und Syrien nennen. Diese vier Staaten gründeten am 3. Dezember das „Levantinische Handels Forum“ in Istanbul oder auch das „Levantinische Quartett“ genannt. Auch wenn Abdullah Gül während des Interviews mit Euronews behauptete, die Türkei habe keinen „Plan B“ als Alternative zum Beitritt in die EU, so hinterlässt die Unterzeichnung von 75 Projekten im Umfang von 1000 Milliarden Euro des Levantinischen Quartetts einen anderen Eindruck. Der Sitz des Rats ist Istanbul und das Management wird aus jeweils einer Delegation der beteiligten Länder bestehen. Unter den geplanten Projekten befindet sich beispielsweise der Ausbau der Autobahn von Mersin nach Basra sowie eine Zugverbindung Mersin-Aleppo-Damascus-Amman-Aqaba. Weiterhin wird eine Schnellboot-Verbindung von Mersin nach Syrien und Mersin-Beirut eingerichtet. Insgesamt soll der Transitverkehr zwischen diesen Ländern erleichtert sowie eine Modernisierung und Integration der Telekommunikation vorgenommen werden. Sehr interessant klingt auch das Vorhaben der Gründung einer Levantinischen Bank. Es würde den Rahmen sprengen, hier alle geplanten Projekte zu nennen. In den Dokumenten des türkischen Rats für Außenhandel (DEIK) nimmt das Gebilde bereits deutliche Formen an: neben den vier Gründungsmitgliedern umfasst die neue Union auch Länder wie den Iran, Irak, Kuweit, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, den Jemen, Oman und Bahrain. Mögen diese Vorhaben gegebenenfalls Höhenflüge oder gar Großmachts-Phantasien vermuten lassen, Tatsache ist, dass die neue östliche Mittelmeer-Politik der Türkei stark wirtschaftlich orientiert ist. Ob sie auch islamisch motiviert ist, lässt sich nicht behaupten, höchstens unterstellen.

Sicher ist, dass die türkische Wirtschaft im ersten Halbjahr 2010 um elf Prozent wuchs, während die meisten europäischen Volkswirtschaften stagnieren. So ist die Türkei ständig auf der Suche nach neuen Märkten und diese Suche führt sie in den Nahen Osten, Mittelasien und Nordafrika. Während Kritiker der Regierung Erdogan dieser neuen östlichen Ausrichtung eher skeptisch gegenüber stehen, meinen EU-Diplomaten, dass diese nicht im Widerspruch zur europäischen Perspektive stehen müsse und die Türkei für Europa durch ihre engeren Beziehungen zur arabischen Welt noch mehr an Bedeutung gewinne.

So wie Ministerpräsident Erdogan es entwürdigend findet, dass die EU „uns seit fast 50 Jahren vor ihren Toren warten lässt“, sehen es auch viele türkische Bürger inzwischen. Vor allem jüngere Türken wollen diese Warterei und Demütigungen nicht länger hinnehmen und sind mit der Orientierung ihres Landes nach Osten recht zufrieden. Sie sind der Meinung, dass die Türkei die EU bald nicht mehr brauchen wird. „Aber umso mehr wird die EU uns brauchen“, sagen sie.

(Erstveröffentlichung in http://www.weltexpress.de/)

Mittwoch, 5. Januar 2011

Platzhirsch-Lektion

Eigentlich hatte ich mir gar nichts vorgenommen, was ich im neuen Jahr ändern wollte. Ich muss ohnehin oft meine Pläne von einer Minute auf die andere ändern, darum ist es mir schon zur zweiten Natur geworden, mit dem Plan A sofort auch einen Plan B zu entwerfen. Das lernt man, wenn man in einem Land wie der Türkei lebt und vor allem arbeitet.

Doch heute, am 5. Tag dieses neuen Jahres habe ich etwas dazu gelernt, das nichts mit der Türkei zu tun hat. Ich habe gelernt, dass es nicht genügt, einen Plan B zu haben, sondern dass ein Plan C durchaus angebracht sein kann. Beim morgendlichen Checken meiner emails nämlich kamen zuerst gute Nachrichten aus der deutschen Redaktion, weshalb ich gleich damit begann, Pläne zu machen. Kurz darauf kam eine mail, die ad hoc eben diese Pläne wieder zunichte machte und gleich darauf noch eine, in der die Rechtsabteilung einer großen deutschen Zeitung auf einen meiner Artikel Urheber-Recht anmeldet, weil sich Passagen mit denen eines Artikels ihres Korrespondenten ähneln. Mit diesem Kollegen hatte ich mich bereits vor Weihnachten auseinander gesetzt und eigentlich hätten ihm die Argumente ausgehen müssen. Es handelt sich hierbei nämlich um Textpassagen, in denen nicht etwa geistiges Eigentum verbreitet wird, sondern historische Tatsachen und Politiker-Aussagen, die man überall nachlesen bzw. durch telefonische Nachfrage einholen kann. Nun gibt es natürlich nicht sehr viele Kollegen, die aus der Türkei berichten, so dass man sich schon mal ins Gehege geraten kann. Nun ja, klarer Fall von Platzhirschverhalten!

Da Platzhirsche naturbedingt und in der Regel auf andere Platzhirsche losgehen, habe ich eine kleine Schmunzelgeschichte nicht aus der Hirsch- aber doch aus der Tierwelt, die sich zugetragen hat, als ich am Neujahrsmorgen meinen Spaziergang bei strahlend blauem Himmel am Strand unternahm.

Eine Gruppe Männer führte zwei männliche Kamele (haben männliche Kamele eigentlich einen eigenen Namen, so wie Hirsche etwa?) zum Strand. Während das eine Kamel bereits das Maul voller Schaum hatte und unruhig hin und her tänzelte sowie furchterregende Laute von sich gab, war das andere ganz ruhig und desinteressiert. Wesentlich aufgeregter dagegen waren die menschlichen Männer, die sich in Windeseile dort versammelt hatten und als sich mein Verdacht bestätigte, dass es sich hier um einen Kamel-Kampf handeln musste, auf den gewettet wurde, blieb ich stehen und sah dem Schauspiel aus respektvoller Entfernung zu. Der Platzhirsch der Kamele hatte offensichtlich sein Pulver vor dem Kampf bereits auf die Weise verschossen, für die oft ein Überschuss an Testosteron verantwortlich ist, durch unsinnig aufgeregtes Aufgeplustere. Das Ergebnis war, dass ihm im entscheidenden Moment nicht nur die Kraft oder auch die Konzentration fehlte, sondern dass er sich von der Ruhe seines Gegners anstecken ließ. Anstelle eines Kampfes kam nicht mehr als ein spielerisches Geplänkel zustande und nach kurzer, wirklich sehr kurzer Zeit bereits standen die beiden friedlich aneinander angelehnt da und das Schreien und Brüllen derer, die auf den Sieger gewettet hatten, blieb vollkommen unwirksam! Ich freute mich diebisch für die Tiere sowie über die Enttäuschung der Antreiber und Wettwütigen und machte mich gut gelaunt auf den Heimweg.



Warum ich das hier erzähle? Weil mich dieses anschauliche Beispiel darauf brachte, mir doch noch etwas in diesem noch jungen Jahr vorzunehmen: Angriffslustigen Platzhirschen mit noch mehr Ruhe und Gelassenheit zu begegnen, als bisher. Nicht, um sie damit in die Flucht zu schlagen, sondern einfach nur aus dem Konzept zu bringen. Danke, Herr Kamel! Das wird ein schönes Jahr...