Eigentlich hatte ich mir gar nichts vorgenommen, was ich im neuen Jahr ändern wollte. Ich muss ohnehin oft meine Pläne von einer Minute auf die andere ändern, darum ist es mir schon zur zweiten Natur geworden, mit dem Plan A sofort auch einen Plan B zu entwerfen. Das lernt man, wenn man in einem Land wie der Türkei lebt und vor allem arbeitet.
Doch heute, am 5. Tag dieses neuen Jahres habe ich etwas dazu gelernt, das nichts mit der Türkei zu tun hat. Ich habe gelernt, dass es nicht genügt, einen Plan B zu haben, sondern dass ein Plan C durchaus angebracht sein kann. Beim morgendlichen Checken meiner emails nämlich kamen zuerst gute Nachrichten aus der deutschen Redaktion, weshalb ich gleich damit begann, Pläne zu machen. Kurz darauf kam eine mail, die ad hoc eben diese Pläne wieder zunichte machte und gleich darauf noch eine, in der die Rechtsabteilung einer großen deutschen Zeitung auf einen meiner Artikel Urheber-Recht anmeldet, weil sich Passagen mit denen eines Artikels ihres Korrespondenten ähneln. Mit diesem Kollegen hatte ich mich bereits vor Weihnachten auseinander gesetzt und eigentlich hätten ihm die Argumente ausgehen müssen. Es handelt sich hierbei nämlich um Textpassagen, in denen nicht etwa geistiges Eigentum verbreitet wird, sondern historische Tatsachen und Politiker-Aussagen, die man überall nachlesen bzw. durch telefonische Nachfrage einholen kann. Nun gibt es natürlich nicht sehr viele Kollegen, die aus der Türkei berichten, so dass man sich schon mal ins Gehege geraten kann. Nun ja, klarer Fall von Platzhirschverhalten!
Da Platzhirsche naturbedingt und in der Regel auf andere Platzhirsche losgehen, habe ich eine kleine Schmunzelgeschichte nicht aus der Hirsch- aber doch aus der Tierwelt, die sich zugetragen hat, als ich am Neujahrsmorgen meinen Spaziergang bei strahlend blauem Himmel am Strand unternahm.
Eine Gruppe Männer führte zwei männliche Kamele (haben männliche Kamele eigentlich einen eigenen Namen, so wie Hirsche etwa?) zum Strand. Während das eine Kamel bereits das Maul voller Schaum hatte und unruhig hin und her tänzelte sowie furchterregende Laute von sich gab, war das andere ganz ruhig und desinteressiert. Wesentlich aufgeregter dagegen waren die menschlichen Männer, die sich in Windeseile dort versammelt hatten und als sich mein Verdacht bestätigte, dass es sich hier um einen Kamel-Kampf handeln musste, auf den gewettet wurde, blieb ich stehen und sah dem Schauspiel aus respektvoller Entfernung zu. Der Platzhirsch der Kamele hatte offensichtlich sein Pulver vor dem Kampf bereits auf die Weise verschossen, für die oft ein Überschuss an Testosteron verantwortlich ist, durch unsinnig aufgeregtes Aufgeplustere. Das Ergebnis war, dass ihm im entscheidenden Moment nicht nur die Kraft oder auch die Konzentration fehlte, sondern dass er sich von der Ruhe seines Gegners anstecken ließ. Anstelle eines Kampfes kam nicht mehr als ein spielerisches Geplänkel zustande und nach kurzer, wirklich sehr kurzer Zeit bereits standen die beiden friedlich aneinander angelehnt da und das Schreien und Brüllen derer, die auf den Sieger gewettet hatten, blieb vollkommen unwirksam! Ich freute mich diebisch für die Tiere sowie über die Enttäuschung der Antreiber und Wettwütigen und machte mich gut gelaunt auf den Heimweg.
Warum ich das hier erzähle? Weil mich dieses anschauliche Beispiel darauf brachte, mir doch noch etwas in diesem noch jungen Jahr vorzunehmen: Angriffslustigen Platzhirschen mit noch mehr Ruhe und Gelassenheit zu begegnen, als bisher. Nicht, um sie damit in die Flucht zu schlagen, sondern einfach nur aus dem Konzept zu bringen. Danke, Herr Kamel! Das wird ein schönes Jahr...
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